Sulfur

LABORPRAXIS

der Alchemie

DER SULFUR BZW. DIE SEELE DES ANTIMON

Beitrag von Josef Weber
aus Hermes Nr.23

Das Wesentliche im Antimon hinsichtlich der Heilkraft ist seine Seele, der Sulfur. Neben der erstklassigen Wirkung als Blutreinigungsmittel, ist er darüberhinaus noch eine wichtige Grundsubstanz für verschiedene weitere, hochwirksame, alchemistische Arzneien und Heilmittel.

Es soll gleich zu Beginn darauf hingewiesen werden, daß wir auch hier hinsichtlich der Dualität aller Erscheinungsformen zwei verschiedene Arten, den fixierten und den unfixierten Sulfur kennen, der dementsprechend bei verdünntem bzw. bei verdicktem Blut und seinen krankhaften Erscheinungen in unterschiedlicher Wirkung angewendet wird. Der Grundsatz ist: bei dickem Blut unfixierten und bei dünnen Blut fixierten Sulfur des Antimon. Beide Arten werden oft in Form von Antimon-Tinktur gebraucht.

Zur Separierung des Sulfur aus dem Antimon benötigen wir analog den Vorgängen im Pflanzenreich auch im Mineralreich ein Menstruum. Bevor wir nun auf die verschiedenen Methoden zur Gewinnung des Sulfur eingehen, soll über die Herstellung dieses Menstruums berichtet werden.

Da das Separieren in die drei alchemistischen Essentiale - Körper, Seele, Geist - im Mineralreich etwas schwieriger ist als im Pflanzenreich und somit die drei alchemistischen Essentiale aus dem Pflanzenreich leichter zugänglich sind, soll zur Herstellung dieses Menstruums auf den Mercurius aus dem Pflanzenreich, den Alkohol, zurückgegriffen werden. Um nun mit diesem pflanzlichen Mercurius im Mineralreich arbeiten zu können, muß zunächst eine Brücke zwischen diesen beiden Reichen geschlagen werden, d.h. der Alkohol muß mit Schwingungen aus dem Mineralreich magnetisiert bzw. eingeodet werden. Zu diesem Zweck werden vier Teile dreimal sublimiertes und zwischen den Sublimationen fein zerriebenes Ammoniumchlorid über längere Zeit mit zehn Teilen reinem Alkohol mazeriert bzw. extrahiert. Nach Abdestillieren des Alkohols aus dem Extrakt ist dieser schwingungsmäßig nicht mehr derselbe. Er ist jetzt mit mineralischen Influenzen gesättigt und kann somit im Mineralreich als Menstruum verwendet werden.

Dieser Vorgang wurde schon von Basilius Valentinus im >Triumphwagen des Antimon< beschrieben und 250 Jahre später von dem holländischen Arzt Dr. Kerckring mit Anmerkungen erläutert. Aus diesem Grunde hat unser sehr verehrter Lehrer, Frater Albertus, diesem Menstruum den Namen Kerckring-Menstruum gegeben, abgekürzt KM.

Nachdem wir nun ein Menstruum kennengelernt haben, mit dem wir im Mineralreich arbeiten können, wollen wir einige der Möglichkeiten, den Sulfur des Antimon zu separieren, aufzeigen.

Als eine der bekanntesten Methoden sei die über das Glas des Antimon genannt. Auch hier sind dem Zweck entsprechend verschiedene Variationen möglich. Eine davon wollen wir darstellen: Ein Gewichtsteil gemahlenes Antimonerz (Sb2S3) wird mit acht Gewichtsteilen Antimontrioxyd (Sb203) im Mörser vermischt und fein zerrieben, sodann in einem unglasierten Tiegel im Ofen auf ca. 1000 bis 1050°C erhitzt. Wird diese Mischung nach ungefähr einer halben Stunde im Fluß auf einem Kupferblech ausgegossen, erhät man rotes Glas. Bei längerem Erhitzen wird das Glas gelb bis schließlich weiß. Um andersfarbiges Glas zu erzielen, wird das Mischungsverhältnis von Sb203 und Sb2S3 verändert. So ergeben beispielsweise ein Teil Sb2S3 und drei Teile Sb203 grünes Glas. Nach Erkalten wird das Glas im Mörser oder der Kugelmühle zu Mehl bzw. feinem Pulver zerrieben, ausgewaschen und dann im Extraktor mit 6N-Essig angesetzt und bis zur goldgelben Farbe extrahiert. Nach Abgießen dieses Extraktes wird von neuem 6N- Essig darübergegeben und extrahiert. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis sich der Essig nicht mehr färbt.

Die gesammelte Extraktion wird filtriert und im Wasser- bzw. Ölbad zum Abdestillieren gebracht. Es bleibt ein rotes Pulver zurück,welches dreimal mit destilliertem Regenwasser übergossen und wieder abdestilliert wird. Das verbleibende Pulver wird mit reinem Alkohol übergossen und einige Zeit digeriert. Dabei erhalten wir eine hochrote Tinktur des Spießglases.

Die zweite, etwas rationellere Möglichkeit der Separation auf dem nassen Wege wird auf chemischem Wege durchgeführt: Zu diesem Zweck wird aus Natriumhydroxyd (NaOH) und Wasser eine gesättigte Natronlauge hergestellt. Bei normaler Zimmertemperatur kann man ca. 1/3 NaOH in 2/3 Wasser lösen und wir haben eine 33%ige Lauge. Die bei diesem Lösungsvorgang entstehende innere Wärme nutzen wir zur schnelleren Auflösung des Antimon, indem wir der Lauge sofort gemahlenes Spießglanzerz (Sb2S3) beigeben, und zwar soviel sich lösen läßt (ca.1/7 Gewichtsteil der Lauge). Diesem Natriumantimonat wird nun 60%ige Essigsäure zugegeben (ca. 9/10), was eine leicht sauer reagierende Lösung ergibt, die zur Ausreifung stehengelassen wird. Es fällt ein rotbraun gefärbter Niederschlag aus. Anschließend wird mit Wasser über Filter solange ausgewaschen, bis Lackmus keine saure Reaktion mehr anzeigt. Wird das ganze abfiltriert und getrocknet, bleibt rot-braunes Pulver zurück, welches direkt mit KM oder zuvor mit 6N-Essig im Extraktor ausgezogen wird zur unfixierten bzw. fixierten Antimon-Tinktur. In dieser Tinktur ist noch der Schwefel des Antimons enthalten. Will man reine Antimon-Tinktur erhalten, wird das rote Pulver vor dem Extrahieren auf weiß calciniert. Dabei verbrennt der gemeine Schwefel.

Eine weitere Möglichkeit, auf chemischem Wege zu separieren, ist der Weg über das Antimonchlorid. Dabei wird ein Teil Sb2S3 mit fünf Teilen Salzsäure übergossen und auf einer Wärmequelle ca. 30 Minuten unter ständigem Rühren gekocht, bis kein Schwefelwasserstoff mehr entweicht. Die verbleibende grauschwarze Füssigkeit ist Antimonchlorid, welches, zweimal über Glaswollfilter gefiltert, eine bernsteinfarbene Flüssigkeit ergibt, von der zunächst die Salzsäure abdestilliert wird. Setzt sich an der Kolbenwand eine gelbliche Masse ab, wird der Kolben gewechselt und die Temperatur erhöht. Dabei kommt eine weißlich- rötliche, butterartige Masse über. Die Destillation wird solange fortgesetzt, bis der Rest im Kolben verkrustet ist. Das zum Schluß übergeflossene Antimonchlorid wird in Wasser gelöst und neutralisiert, sodann zum Austrocknen unter eine Wärmequelle gestellt. Durch anschließendes Zerkleinern im Mörser und Extrahieren mit KM wird der Sulfur des Antimon ausgezogen.

Es würde den Rahmen dieser Abhandlung übersteigen, wollte man alle Möglichkeiten und Variationen bei der Aufbereitung des Antimons hier aufzeichnen. Einen abgekürzten Weg möchte ich aber doch noch erwähnen: Die Natronlauge mit dem aufgelösten Antimon wird nicht mit Essig angesäuert, sondern nur mit Wasser soweit verdünnt, bis rotes Antimonsulfid ausfällt. Dadurch geht die anschließende Kalzination schneller vonstatten.

Das Öl vom Antimon kann noch auf eine andere Art gereinigt und erhöht werden (nach Kerckring S. 148): Der Extrakt bzw. die Tinktur des Antimon wird vier Wochen in einem hermetisch unter Vakuum verschlossenen Behälter zirkuliert, um das Öl leicht und flüchtig zu machen. Bei anschließender vorsichter Destillation - mit einem besonderen Handgriff - geht das Öl mit über.

Von diesem übergetriebenen Öl schreibt Basilius (Kerckring S. 151): "Dieses übergetriebene Oleum richtet alles aus, was da einem Medico hoch zu wissen vonnöten und ratsam sein soll in seiner Kur. Sein Gewicht erfordert für seiner Koagulation 8 Gran, mit klarem lauteren Wein eingenommen, verjüngt den Menschen und entledigt ihn von aller Schwermütigkeit, als wäre er neu geboren, und alles, was da am menschlichen Körper ein Zunehmens hat der Wachsung an Haaren und Nägeln, verändern sich, fallen ab und aus, und verjüngen sich wie der Phönix. Dann sie verzehret alle Zufälle in des Menschen Leib, gleich einem verzehrenden Feuer, welchem sie auch zu vergleichen ist, säubert aus und jagt alles Böses von ihm hinweg, vertreibet auch alles, was das Trinkgold vertreiben kann. Allein das Astrum Solis geht allen Arzneien der Welt für ..."

Zum Schluß sei noch darauf hingewiesen, daß die praktische Alchemie in ihrer ganzen Tiefe nur vor einem geistig-seelischen Hintergrund zu verstehen und zu bewältigen ist und analoge Vorgänge der geistig-seelischen Entwicklung darstellt und voraussetzt.

Aus geistiger Sicht gesehen und auf einen vereinfachten Nenner gebracht, ist Alchemie nichts anderes als Schwingungserhöhung über den normalen Zustand der Materie hinaus. Für die höhere Alchemie ist es wichtig, diesen inneren, geistigen Prozeß der Schwingungserhöhung und Bewußtseinserweiterung zu erreichen. Die alten Meister der Alchemie haben nicht umsonst seitenlange philosophische, religiöse Abhandlungen den praktischen alchemistischen Prozessen vorangesetzt.

Ich habe lange Zeit angenommen, dieser Bezug auf Gott wäre nur zum Schutz vor der Inquisition eingebracht worden. Heute jedoch weiß ich, daß dies nicht nur eine Schutzbehauptung war, sondern daß die höhere Alchemie nicht ohne eine Interaktion zwischen Geist und Materie verwirklicht werden kann. Wer Schwingungserhöhung und Bewußtseinserweiterung nicht erreicht, kann nie in die heiligen Hallen der höheren Alchemie eintreten. Der Stein der Weisen und die Vorstufe davon, das Elixier, sind nur analoge Vorgänge in der Materie bei der Verwirklichung des göttlichen Vorbildes in uns.

Ing. Josef Weber

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