Pflanzenstein

LABORPRAXIS

der Alchemie

Pflanzenstein

Beitrag von Karl Hollerbach
aus Hermes Nr. 7

Zuletzt wurden sie auf Anregungen von Frater Albertus bereitet, dessen Ausdeutung der 31 Aphorismen des Urbigerus über das Circulatum Minus zu einem Pflanzenstein hinführen. Die entsprechenden laborantischen Anweisungen finden wir in verschiedenen Publikationen der PRS (Paracelsus Research Society); in der Quinta Essentia 6 erschien 1977 ein Laborbericht von David Schein (dem Autor von 'Basilius Valentinus und seine Tinkturen aus dem Antimon'), auch in dem umfangreichen historischen Werk von Helmut Gebelein 'Alchemie' wird eine Zusammenfassung der Arbeit abgedruckt.

Der therapeutische Nutzen derartiger Pflanzensteine ist wenig bis gar nicht erforscht. Gleichwohl wird dem Pflanzenstein eine hohe Wirksamkeit nachgerühmt: "Wenn es kalt wird, so wird es hart wie ein Stein, klahr wie ein Crystal, roht gleich einem Rubin, durchsichtig, und das ist der zweite Vegetabel Stein, welcher alle Kranckheiten und Gebrechen der Welt curieret, so man alle Tage, dessen eines Weitzkornes schwer mit Wein einnimmt, so werdet ihr Wunder über Wunder sehen in kurtzen Tagen etc." (Isaac Hollandus)

Beim Zusammenstellen des vorliegenden Hefts fiel mir auch ein Bericht über die separierende Wirkung des großen Steins (?) auf einen Pflanzen Frischpreßsaft in die Hände: Friedrich Gallus schildert eine Reise zu Trautmansdorff, bei der ihm dieser das Wirken des Steins auf Pflanzen vorführt (abgedruckt in 'Wegweiser zur höhern Chemie').

Hier soll zunächst über die einfachste Form berichtet werden, den gleichsam "gebundenen" Stein. Wir haben ihn neben anderen während einem Laborseminar mit Siegfried Seifert im Mai bereitet bzw. begonnen.

Ausgangspunkt ist die Pflanze, aus der im Idealfall zunächst das ätherische Öl als der flüchtige Sulfur abdestilliert wird. Sodann kann man sie (unter Zuckerzusatz) vergären, den Alkohol abdestillieren und rektifizieren. Pflanzenreste und Suppe werden eingedampft, verascht, die löslichen Salze durch Auswaschen vom Caput mortuum getrennt und jedes für sich durch Filtrieren und Umkristallisieren gereinigt. Über alle einzelnen Techniken wurde bereits berichtet. Da es uns in diesem Zusammenhang um die Bereitung des Steins ging (und nicht der einzelnen Bestandteile), sind wir teilweise von gekauftem Material ausgegangen. Außerdem kann man aus keiner Pflanze soviel ätherisches Öl abdestillieren, wie wir zur Konkretisierung der Salze und Asche benötigen, man muß also sowieso eine ganze Menge davon ergänzen.

Ausgangsmaterial war getrocknetes Rosmarinkraut. Es wurde in einem Ofen auf der Glut zu weißer Asche kalziniert. Aus der Asche wurde mit warmem Wasser das lösliche Salz ausgewaschen (genau betrachtet ist es das Salz des Körpers zusammen mit dem des fixen Sulfurs, den wir bei dieser Arbeit ja nicht zuvor abgetrennt hatten), auskristallisiert und gereinigt, bis die Salze weiß waren. Das Caput mortuum (CM) wurde getrocknet. Das Salz wurde dann gewogen und mit der halben Gewichtsmenge des CM gründlich in einer Porzellanreibschale verrieben.

Es ergaben sich 2,3 g Salz, die mit 1,1 g CM vermischt wurden. In einer Tropfflasche mischten wir 10 ml Rosmarinöl mit 15 ml 85%igem Weingeist und träufelten davon soviel auf, daß wir eine feuchte, lehmartig plastische Masse bekamen.

Zu beachten ist nun: Wenn wir wirklich calcinieren, das heißt bis zu einem Punkt erhitzen, an dem sich das organische Material zersetzt (über ca. 250°C), können wir einen Stein nur dadurch erzeugen, daß wir hinterher bis zum Schmelzpunkt der löslichen Salze erhitzen (Pottasche schmilzt bei 894°C) - oder durch echtes Figieren. Aber davon später.

Wir sind daher anders vorgegangen, haben über Wochen imbibiert (getränkt) und dann wieder scharf getrocknet. Auch hierbei wird der Stein weiß, es ist also auch gewissermaßen eine "Calcination". Wir haben nicht abdestilliert und das Destillat wiederverwendet, sondern immer neuen flüchtigen Sulfur aufgetropft. So entwickelte sich aus dem zunächst feinen Pulver langsam eine bröckelige, streuselige Masse, die sich nach vielen Imbibitionen zu einem Stein formen ließ. Die Prozedur wurde fortgesetzt, bis der Stein nichts mehr aufnahm.

Der Vorgang des Imbibierens und Calcinierens ging über einen philoso­phischen Monat, 40 Tage. An jedem Tag wurde abends der Stein getränkt, über Nacht bei rund 40°C im Dunklen "bebrütet". Im Laufe des Vormittags wurde die Temperatur langsam bis auf etwa 180°C erhöht und ab Mittag konnte sie erkalten. Insgesamt wurden bis zur Fertig­stellung ca. 70 ml der obigen Mischung benötigt. Das ganze fand in einem kleinen Tiegel statt, wurde in einem zugedeckten Sandbad auf einer kleinen Automatikplatte erwärmt.

Die Herstellung eines Pflanzensteins gelingt auf diese Weise nur dann gut, wenn das ätherische Öl eine gewisse Neigung zum Verharzen hat. Wenn man nach dem urbigerischen Text geht, käme auch der Zusatz einer harzigem Materie, also zum Beispiel Mastix, Canadabalsam o. ä. in kleinen Mengen in Frage. Dann wäre es allerdings nicht mehr ein reiner Pflanzenstein aus einer Quelle.

So hat sich das arteigene Salz, der Körper, mit dem Weingeist und dem ätherischen Öl, der Seele, völlig gesättigt. Es ist mit den sulfurischen Kräften, den Heilkräften regelrecht überladen. Aber auch wenn sie durch echte Calcination stofflich zersetzt wären: wir finden immer noch ihre Heilkraft als energetisches Muster in hoher und reiner Ausprägung. Wenn wir die eingesetzten Mengen und die Zahl der Imbibitionen betrachten, muß diese Aufladung äußerst intensiv sein.

Karl Hollerbach

 

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