Weikersheim

GESCHICHTE

der Alchemie

Ausstellung zur Alchemie in Schloss Weikersheim

Beitrag von Jost Weyer

Weikersheim ist eine verträumte kleine Residenzstadt an der Tauber, 12 km von Bad Mergentheim und 34 km von Rothenburg ob der Tauber entfernt. Hier hatte Graf Wolfgang II. von Hohenlohe (1546-1610), ein besonnener, kluger und vorausschauender Herrscher, von 1587 bis 1610 seine Residenz. Auf ihn geht der Bau des Residenzschlosses zurück, das noch heute zu den architektonischen Kostbarkeiten im Hohenloher Land gehört.

Wie manche seiner fürstlichen Zeitgenossen beschäftigte sich Graf Wolfgang mit der Alchemie - als Liebhaberei, und sicher verbunden mit einem Interesse an chemischen Fragestellungen. Zunächst installierte er im Schloß ein einfach ausgestattetes Laboratorium, das später durch einen wohldurchdachten Neubau ersetzt wurde. In seinem alchemischen Laboratorium experimentierte Wolfgang eigenhändig, unterstützt durch einen Laboranten. Seine Gemahlin Magdalena leitete die Schloßapotheke. Chemikalien bezog Graf Wolfgang von Apotheken in Mergentheim und Rothenburg ob der Tauber, größere Mengen von Handelshäusern in Nürnberg und Augsburg. Die Glasgeräte gab er bei einer Glashütte in Fischbach im Mainhardter Wald in Auftrag. Die übrigen Glasgeräte wurden meist von einheimischen Handwerkern angefertigt.

In seiner Bibliothek besaß Wolfgang von Hohenlohe zahlreiche Werke zur praktischen Chemie, zur Alchemie und Chemiatrie, wobei unter den chemiatrischen Büchern die Schriften von Paracelsus reichhaltig vertreten waren. Mit Markgraf Georg-Friedrich von Brandenburg-Ansbach korrespondierte er über Erzanalysen, mit Herzog Friedrich von Württemberg über alchemische Experimente. Einmal ließ er sich mit einem alchemischen Betrüger ein, der dann im Schloß inhaftiert war, jedoch hielt sich der angerichtete Schaden in Grenzen. Im Schloß wurde in einem Destillierbau Branntwein zu gewerblichen Zwecken hergestellt, in der Schloßapotheke wurden chemiatrische und andere Medikamente zubereitet, und vor der Stadtmauer befand sich für einige Jahre eine Salpetersiederei.

Aufbau der Ausstellung

Die Ausstellung hat die offizielle Bezeichnung "Alchemie in Schloß Weikersheim - Graf Wolfgang II. von Hohenlohe und sein alchemistisches Laboratorium um 1600". Sie ist den verschiedenen Aspekten seiner alchemischen Interessen gewidmet und soll zugleich etwas von Graf Wolfgangs Persönlichkeit sichtbar werden lassen, der zu den bedeutendsten Gestalten aus dem Geschlecht der Hohenlohe gehört. Untergebracht ist die Ausstellung in der ehemaligen Schloßküche und zwei Nebenräumen, der früheren Küchenstube und Speisekammer. Um den Eindruck zu vermeiden, daß tatsächlich in diesen Räumlichkeiten ein alchemisches Laboratorium betrieben wurde, war der Nachbau eines Laboratoriums in einem der Nebenräume nicht erwünscht. Es existiert lediglich eine Rekonstruktionszeichnung der Innenansicht von Wolfgangs Laboratorium.

Die Inneneinrichtung der Räume ist bewußt sachlich-nüchtern gehalten. So ist der Fußboden - ähnlich wie in den Berg- oder Hüttenlaboratorien des 16. Jahrhunderts - mit Platten ausgelegt, und für die Vitrinen, Tafeln und Ausstellungsmöbel wurden verzinkter Stahl und Glas oder Plexiglas als Materialien gewählt. Dadurch entsteht ein interessanter optischer Kontrast zu den alten, nur übergetünchten Gewölberäumen aus Wolfgangs Zeit. Nur die Schloßküche ist in ein Halbdunkel getaucht, erhellt durch einige Lichtinseln, während die beiden anderen Räume mehr ausgeleuchtet sind.

Im Eingangsbereich der Schloßküche sind sieben große verzinkte Säulen zu sehen, die in einer kleinen Vitrine jeweils eines von den sieben "traditionellen" Metallen enthalten und das entsprechende Planetensymbol an die Decke der Küche strahlen. Kurze Texte erläutern die wichtigsten Grundbegriffe der Alchemie. Ein Monitortisch informiert über Graf Wolfgang und seine Zeit und über andere alchemietreibende Fürsten, eine Zeitleiste kontrastiert Daten zu Wolfgangs Biographie mit Daten zur allgemeinen Geschichte. Ferner ist eine Ecke einem alchemischen Betrüger am Weikersheimer Hof gewidmet, und es werden bauliche Reste der Schloßküche gezeigt.

Im ersten der beiden Nebenräume, der ehemaligen Küchenstube, fällt der Blick auf ein Modell von Wolfgangs Laboratorium, das aufgrund der ausgezeichneten Quellenlage bis ins Detail rekonstruiert werden konnte. Das Laboratorium befand sich im ehemaligen Burgzwinger, wo heute nur noch ein Gewölberest seine genaue Lage anzeigt. In einem Bibliotheksschrank mit herausziehbaren Schüben werden chemische und alchemische Werke in Wolfgangs Bibliothek vorgestellt. Auf einem Pult werden Abbildungen von Laboratorien des 16. Jahrhunderts präsentiert.

Der zweite Nebenraum, die ehemalige Speisekammer, ist der Laborpraxis gewidmet. Dominierend sind in diesem Raum zwei gemauerte chemische Öfen - ein chemischer Herd und ein sogenannter Bequemlichkeitsofen -, ausgestattet mit chemischen Geräten. In einer Vitrine sind Chemikalien und chemische Geräte aus Glas und Keramik untergebracht. Darunter befinden sich einige originale Geräte des 16. Jahrhunderts, die in Oberstockstall (Niederösterreich) ausgegraben und von den Besitzern als Leihgabe zur Verfügung gestellt wurden. Die übrigen Geräte sind Reproduktionen, die von einem Glasbläser und einem Töpfer nach alten Vorlagen angefertigt wurden. Ein Bildschirm auf dem chemischen Herd zeigt einen Videofilm mit chemischen Grundoperationen. Schließlich gibt es dort ein Pult mit Abbildungen von Geräten und darunter Schübe eines Schrankes mit Informationen zu Wolfgangs Experimenten.

Geschichte dieser Ausstellung

Vielleicht ist es von Interesse, auch etwas darüber zu erfahren, wie die Ausstellung zustandegekommen ist. Die Beschäftigung mit dem Thema Wolfgang von Hohenlohe und die Alchemie geht auf die Anregung eines Freundes aus Weikersheim zurück, eine wissenschaftliche Untersuchung über die Alchemie in Franken in Angriff zu nehmen. Schon bald stellte sich heraus, daß im Hohenlohe-Zentralarchiv in Neuenstein reichhaltiges dokumentarisches Material über Wolfgangs alchemische Interessen vorhanden ist, und nach zahlreichen Archivbesuchen und Auswertung der Dokumente entstand daraus schließlich ein Buch zu diesem Thema, das 1992 im Thorbecke Verlag erschien.

Das Land Baden-Württemberg übernahm 1967 Schloß Weikersheim von den Fürsten von Hohenlohe und hat seither viel für die Renovierung des Schlosses getan. Dies brachte mich kurz nach dem Erscheinen meines Buches auf den Gedanken, daß man in den beiden Nebenräumen der Schloßkü che eine Ausstellung über Wolfgang von Hohenlohe und die Alchemie einrichten könne (die Küche selbst kam erst später hinzu). Die hierfür zuständige Oberfinanzdirektion Stuttgart begrüßte diese Idee, und so begannen die Planungen und Vorbereitungen, wobei ich als wissenschaftlicher Berater fungierte und die Pläne im Detail ausarbeitete. Nachdem 1998 die Gelder bewilligt worden waren, ging das Ausstellungsprojekt mit Riesenschritten voran und wurde unter Hinzuziehung eines Design-Büros realisiert. Im Mai 2000 fand die Eröffnung der Ausstellung statt.

Es handelt sich, wie gesagt, um eine Dauerausstellung, die das ganze Jahr hindurch täglich zu besichtigen ist. Sie ist nicht in die Schloßführung einbezogen, sondern im Eintritt für den Schloßpark inbegriffen, so daß man sich alles in Ruhe ansehen kann.

Jost Weyer

Öffnungszeiten von Schloß, Garten und Alchemie-Ausstellung erfahren Sie über: http://www.weikersheim.de/kultur/museum.html

Jost Weyer: Graf Wolfgang II. von Hohenlohe und die Alchemie - Alchemistische Studien in Schloß Weikersheim 1587-1610 (Forschungen aus Württembergisch Franken. Band 39). Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen. 516 Seiten, 131 Abbildungen. ISBN 3 7995 7639 8

 

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