Buch

GESCHICHTE

der Alchemie

Alchemistische Blätter

Beitrag von Herrmann Speckmann

Aus Hermes Nr.17

Ich finde es bemerkenswert, daß es in den zwanziger Jahren eine Zeitschrift für Alchemie gab. Um über den Inhalt der Zeitschrift zu informieren, werde ich nachfolgend die Beiträge vorstellen. Es mag Leser anregen, sich mit speziellen Themen vertieft zu beschäftigen.

Die von mir gelegentlich vorgenommenen Bewertungen von Beiträgen sind natürlich subjektiv und von meinem begrenzten alchemistischen Wissen abhängig.

Soweit sich dies ersehen läßt, werde ich auch Namen und Anschriften mitteilen. Dies könnte Anlaß sein, daß Mitglieder des Forschungskreises Alchemie in ihrer Heimatregion den Spuren alchemistischer Aktivitäten nachspüren.

Alchemistische Blätter

Erstes Deutsches Fachblatt für alle Gebiete der Alchemie

Monatsschrift für das Gesamtgebiet der Hermetischen Wissenschaften in alter und neuer Zeit.

Organ verschiedener alchemistischer Gesellschaften, Logen, Schulen.

Für die Redaktion zeichnet verantwortlich O.W. Barth, Berlin Charlotten­burg, Pestalozzistr. 101. Wie sich aus Anzeigen ergibt, war O.W. Barth Inhaber eines Antiquariats.

1. Ausgabe

Die 1. Seite der 1. Ausgabe 1927 gibt die Tabula Smaragdina wieder.

Dann wird im Beitrag 'Unsere Arbeit - unser Ziel' angeführt, daß die Experimente der Neuzeit die Alchemie bestätigen würden und diese zur gründlichen Umgestaltung der Gesellschaft beitragen könnten.

In folgenden Abteilungen soll das in ständigem Anwachsen befindliche Material veröffentlicht werden:

1. Exakte wissenschaftliche Alchemie

2. Philosophische Aspekte

3. Mystische Alchemie

Dann weiter folgende Themenbereiche:

alchemistische Symbolik und Allegorie

alchemistische Astrologie

alchemistische Kabbalah

alchemistische Magie

alchemistische Bücherschau

I. Castelot, Präsident der alchemistischen Gesellschaft von Frankreich, beginnt mit einem Bericht über eigene Transmutationsversuche.

Elias Artista äußert sich dunkel über die Quinta Essentia. Ebenso dunkel ist die nachfolgende Deutung der Worte Alchemie und Materia nach Kabbalistischer Methode von Alfred Müller.

Dann schließt sich ein Nachdruck eines vor damals 125 Jahren erschienenen Werkes des Hofrats von Eckhartshausen mit dem Titel 'Chemische Versuche über die Radikal-Auflösung der Körper, besonders der Metalle' an.

Es folgt das erste Buch des Hermes Trismegistos: Pömander, eine alchemistische Genesis.

Auf einer Anzeigenseite wird das Buch von Max Retschlag 'Von der Urmaterie zum Urkraft-Elixier' angekündigt. Es sei soeben in einer einmaligen Ausgabe von 333 Exemplaren erschienen. Jedes Exemplar sei numeriert und vom Verfasser gezeichnet. Preis = 12,- RM.

2. Ausgabe

In der 2. Ausgabe der Alchemistischen Blätter setzt Castelot den Bericht über seine Transmutationsversuche im Labor der Alchemistischen Gesellschaft von Frankreich fort. Er beschreibt detailliert seine Versuche, Gold zu erzeugen. Nach seinen Angaben hat er "je nach den Umständen, wechselnd von einigen Milligramm bis zu 250 Milligramm und mehr" Gold gewonnen.

Anschließend schreibt Dr. Ernst Darmstaedter über Vorstufen der Alchemie. Vorstellungen Platons und Aristoteles über chemische Prozesse werden referiert.

Dann setzt Elias Artista ebenso dunkel wie begonnen seine Betrachtungen über die Quinta Essentia fort.

Ein Sincerus begann Auszüge aus seinen alchemistischen Tagebüchern zu veröffentlichen, unter anderem eine Anleitung, aus Silber Gold zu machen.

Das Thema der verborgenen Alchemisten findet dann seinen Platz in den Alchemistischen Blättern. Oskar Weiß berichtet in dem Beitrag 'Eine Transmutation nach Paracelsus' , wie er durch "eine seltsame Verkettung von Umständen in einem Gebirgsdorf des badischen Schwarzwaldes" einen Praktiker der Alchemie kennenlernte. Dieser führte ihn durch den Garten in sein Labor. Dort goß er 20 g Quecksilber in einen Schmelztiegel, bedeckte diesen mit einer weißen körnigen Substanz, goß wieder 20 g Quecksilber hinzu und gab dem Tiegel Feuer. Nach einer Stunde, als der Schmelzfluß erkaltet war, zerschlug er den Tiegel und - siehe da: es war Feinsilber.

Der Abdruck des Aufsatzes des Hofrats von Eckhartshausen wird ebenso wie der des Buches Pömander fortgesetzt.

Auf der Anzeigenseite preist Oskar Weiß, Spagyrisches Laboratorium in Karlsruhe, Tullastr. 72, seine radikalen Edelmetalllösungen an. Was ist aus dem Labor geworden?

3. Ausgabe

Die Nr. 3 der Alchemistischen Blätter beginnt mit einem Beitrag von Franz Spunda über die Porta magica in Rom, die in verschlüsselter Form ein Rezept zur Goldherstellung enthält. Sie befindet sich auf der Piazza Emanuel am Esquilin. Heute noch?

Für Spunda weist die Porta magica viele Rätsel auf, die in einem anschließenden Leserbrief, genannt Sendschreiben, von Alfred Müller, für mich spannend, entschlüsselt werden.

Dann wieder die Beschreibung der Quinta Essentia von E. Artista. Ebenso setzt Sincerus den Auszug aus seinem alchemistischen Tagebuch fort. Die Operation, die er beschreibt, erscheint mir nachvollziehbar, wenngleich die Ergebnisse mehr als zweifelhaft sind. So verwandelt er Silber in Gold und beschreibt die Herstellung des Aurum potabile.

Alfred Müller stellt dann die Quint-Essenz nach dem verschollenen und wieder aufgefundenen alten Manuscript des Alchemisten C.D.v.A. dar.

4. - 6. Ausgabe

In der nächsten Ausgabe der Alchemistischen Blätter, Nr. 4 - 6, sind 14 Seiten mit den 'Zwölf Schlüssel Fratris Basilii Valentini' gefüllt. Offenbar ein Nachdruck im Stil alchemistischer Allegorie mit schönen Illustrationen.

Als nächstes schreibt Dr. Ferdinand Maack über biologisches Denken in der Mathematik. Er stellt in Form eines Gesprächs eine neue Forschungsmethode, die Lehre vom Magischen Quadrat, die "Magiometrie" vor.

In Fortsetzung berichtet ein dänischer Chemiker und Alchemist (Societas Alchemiste Daniae) über Studien - bezugnehmend auf die Arbeiten von Castelot -, die die Möglichkeit von Transmutation untersucht. Er bezeichnet sich als Schüler der alten französischen Alchemistenschule. Er [sagt] unter anderem, daß Brom und Selen unter bestimmten Bedingungen Gold zu bilden vermögen. Ja, wenn wir nur die bestimmten Bedingungen wüßten.

Dr. Ernst Darmstaedter, München, schreibt dann über Paracelsus und das Aurum potabile, wohl eine Goldlösung, die offenbar Goldchlorid enthielt, die mit alkoholischen Plfanzenextrakten vermischt und eingedampft wurde.

Nun folgt der Schluß der Darstellung der Quint-Essenz von A. Müller. Er enthält relativ konkrete Hinweise, wie aus Jod, Metallen, Mineralien, Pflanzen und Tieren die Quintessenz zu erhalten ist.

Der 'Auszug aus Briefen mitarbeitender Naturforscher' stammt von dem "genialen Esoteriker" Freiherr von Eckhartshausen. Dieser berichtet, wie aus reiner Erde, die nach einer nicht beschriebenen Vorschrift behandelt wurde, wahrer Wunderweizen wächst. Selbst das Stroh des Weizens verbrennt nicht.

Auf der letzten Anzeigenseite der Ausgabe werden von Georg Scheel, Berlin-Steglitz, ???stallenweg 12, die vierzehn Lebenselixiere des großen Arztes Paracelsus angepriesen. Sie sollen aus dem Labor des "bekannten Okkultisten und Alchemisten" F. Buchmann stammen. Das Prana der Pflanzen berichtigt nach dem Anzeigentext die fehlerhafte Odstrahlung des Menschen, bekanntlich die alleinige Ursache aller Leiden.

7. Ausgabe

Heft 7 (1928) beginnt mit 'Eine kurze Anleitung über die Bereitung des Universalsteines' von Alfred Müller, Hamburg.

Eine konkrete Anleitung findet sich nicht, eher eine spekulative Betrachtung der Naturreiche.

Danach folgt ein Absatz von Dr. Ing. Carl Friedrich 'Über alchemistische Forschungen'. Friedrich kritisiert die in den Heften 1 und 2 der Alchemistischen Blätter von Castelot veröffentlichten Berichte über die Umwandlung von unedlen Metallen in edle. Er hält Umwandlungen für grundsätzlich möglich, aber Nachweise für äußerst schwierig. Dies hält ihn nicht davon ab, zum Schluß des Beitrages das einfache Rezept zur Goldgewinnung eines alten Bergmanns aus dem sächsischen Erzgebirge mitzuteilen.

Dieser extrahierte nach der mitgeteilten, genauen Anweisung Gold aus dem Glimmerschiefer am Wolkenstein. Wie, werde ich nicht verraten.

Oswald Wirth, Paris, schreibt bombastisch 'Über die Hermetische Heilkunde' und endet mit der Aufforderung: Suchet, so werdet ihr finden.

Auf der letzten Seite der Ausgabe wird mitgeteilt, daß die Alchemistische Gesellschaft in Deutschland ins Leben gerufen wurde. Erste Studiengruppen seien in Berlin und Hamburg entstanden. Zuständig für die Hamburger Gruppe sei Alfred Müller, Hamburg-Barmbek, Markt 6 a III. Weitere Studiengruppen würden sich in Leipzig und in Stuttgart finden.

Anschrift Stuttgart: Hermann Baumann, Böblinger Str. 81,

und in Frankfurt : Konrad Wiedmann, Fischerfeldstr. 4.

8. Ausgabe

Die Nr. 8/9 (1928) eröffnet in Fortsetzung mit einem Beitrag von G. Scholem, Jerusalem, über Alchemie und Kabbala.

Dann wendet sich I. Castelot mit einem Aufruf an alle Chemiker der Welt. Sie sollen seine Versuche zur Goldherstellung wiederholen. Er veröffentlicht ihm zugegangene detaillierte Protokolle anderer Chemiker, die erfolgreich seine Goldherstellungsverfahren praktizierten. Castelot beklagt sich, daß keine wissenschaftlich anerkannte Instanz seine Verfahren überprüft.

Zum Schluß des in Fortsetzung veröffentlichten Beitrags von A. Müller über 'Eine kurze Anleitung über die Bereitung des Universalsteines' wird dieser etwas konkreter. Aber es bleibt fraglich, ob es ausreicht, den Stein im Labor nachzubereiten.

Albert Herba phantasiert über den Zusammenhang zwischen Krankheit und Zahl. Wie sich aus dem Untertitel des Beitrags ergibt, meint er "Grundzüge eine alchemistischen Mathematik" darzustellen.

Ein französischer Arzt berichtet dann über Versuche, Wasser elektrisch aufzuladen, wobei Gold entstanden sei.

Die letzte Ausgabe der Alchemistischen Blätter Nr. 10/12 (1928) beginnt mit dem Aufsatz 'Rationale Metamorphose' von K. Wiedmann. Die Bereitung des Steins der Weisen wird außerordentlich zart angedeutet.

Danach Fortsetzung des Aufsatzes des Hofrats v. Eckhartshausen über die Radikal-Auflösung der Körper.

Alfred Müller führt dann im Beitrag 'Ein Alchymistischer ####' [Text unleserlich] wichtige alchemistische Bücher (die für uns heute noch bedeutsam sind, wie die Aurea catena) auf, sowie Literatur über gelungene Transmutationen.

Dann meldet sich Albert Herba in 'Werk und Zahl' wieder mit mathematischen Spekulationen zu Wort.

Anschließend wird ein Kapitel aus dem Roman 'Baphomet' von Franz Spunda abgedruckt.

Der 16seitige Beitrag von G. Scholem über Alchemie und Kabbalah wird abgeschlossen.

Vor der Bücherschau am Ende des Bandes wird es noch einmal spannend.

Veröffentlicht wird eine detaillierte Herstellungsbeschreibung des Alkahest, ein Mittel, das alle Metalle auflöst. Verwendet wird im wesentlichen Kalk, Alkohol und Pottasche. Die Redaktion bat um Zusendung von Berichten über Nachbearbeitungsversuche.

Ende des 1. Jahrganges der 'Alchemistischen Blätter' (1927/1928)

Hermann Speckmann

Vor einigen Jahren konnte ich von einem Antiquariat den gebundenen Jahrgang der 'Alchemistischen Blätter', 1927/1928, erwerben.

Der zweite Jahrgang dieser Zeitschrift erschien unter dem Titel 'Archiv für alchemistische Forschung'. Danach stellte die Zeitschrift - soweit mir bekannt - ihr Erscheinen ein. Vom zweiten Jahrgang liegt mir die Fotokopie des in der damaligen Universitätsbibliothek Berlin (ehemalige DDR) vorhandenen Exemplares vor.

 

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